Wir Menschen beurteilen andere gerne nach dem Äusseren. Wichtig ist die Schönheit, die gekämmten Haare und die guten Kleider. Wenn es bei Tieren einen Schönheitswettbewerb geben würde, dann bin ich nicht sicher, wer den gewinnen würde: Vielleicht das Pferd – oder doch der Delfin. Es würde ein harter Kampf um den ersten Platz.
Beim letzten Platz hingegen bin ich mir sicher. Es gibt ein Tier, das mit Abstand das hässlichste ist. Es ist der Nacktmull.
Diese Tiere sehen wirklich hässlich aus. Sie haben spärlich Haare, kaum Augen und Ohren, eine Schlabberhaut und hervorstehende Zähne. Der Nacktmull ist etwa so gross wie eine Ratte und kommt in Halbwüsten in Ostafrika vor. Er lebt in unterirdischen Gangsystemen und verfügt über ein paar ganz aussergewöhnliche Fähigkeiten. Seine einzelnen langen Haare dienen ihm zum Tasten und sich orientieren. Er kann genau so schnell vorwärts wie auch rückwärts durch die Gänge laufen. So ein Rückwärtsgang hat sonst kaum ein Tier! Speziell ist ebenfalls, dass er enorm starke Kaumuskeln hat. Diese Muskeln machen einen Viertel der gesamten Muskelmasse aus.
Seine Nagezähne braucht er nicht nur zum Essen, sondern vor allem als Baggerschaufeln. So kann er sich auch durch harte Böden arbeiten und seine Gänge graben. Spannend ist, dass er eine besondere Hautfalte hat, die sich beim Baggern über den Mund legt, damit er keinen Dreck verschluckt. Die Zähne wachsen übrigens lebenslang laufend nach. Ein aussergewöhnliches Tier – oder?
Und es gibt noch zwei Besonderheiten mehr, die unter allen Säugetieren auf der Welt nirgends zu finden sind. Zum einen ist es seine Schmerzunempfindlichkeit. Nacktmulle reagieren überhaupt nicht auf Verletzungen. Die Schmerzsensoren sind zwar da, aber offenbar wird nichts ans Hirn weitergeleitet, oder die Informationen können nicht verarbeitet werden. Das andere, was unter Säugetieren einmalig ist, ist die Tatsache, dass die Nacktmulle einen Staat bilden. Ähnlich wie Bienen oder Ameisen gibt es bei ihnen eine Königin, die als einzige Junge Nacktmulle gebärt. Für alle anderen gibt es eine klare Aufgabenteilung nach Lebensalter. Die Jungen helfen bei der Babypflege mit. Die Mittelalterlichen graben die Gänge und transportieren das gefundene Futter und die älteren und grösseren Tiere bewachen die Ausgänge damit keine Feinde, wie zum Beispiel Schlangen, in den Bau kommen. Solche Nackmull-Kolonien bestehen manchmal aus mehreren hundert Tieren, die alle fürs gemeinsame Überleben zusammenarbeiten.
Von Aussen gesehen sind die Nacktmulle wirklich hässlich. Wer von uns möchte schon so einen als Haustier! Aber wer meint, dass dieses hässliche Tier deswegen weniger Wert ist als andere, täuscht sich mächtig. Es hat Fähigkeiten mit denen es alle anderen in den Schatten stellt. Da können wir doch etwas Wichtiges Lernen. Wir Menschen beurteilen einander so oft nach der äusseren Erscheinung und vergessen dabei, dass das nur die Oberfläche ist. Die Haarfarbe sagt zum Beispiel noch gar nichts darüber aus, ob die Person ein guter Freund ist und ob sie ein Geheimnis behalten kann. Der erste Eindruck kann täuschen. Darum ist es gut, wenn wir uns die Worte zu Herzen nehmen, die Gott im ersten Samuelbuch zu Samuel gesagt hat: „Für die Menschen ist wichtig, was sie mit den Augen wahrnehmen können; ich dagegen schaue jedem Menschen ins Herz.“
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Bibeltext: 1. Samuel 16.7 (HFA)