Weihnachtsgeschichte auf Berndeutsch

An Weihnachten die Weihnachtsgeschichte in der Muttersprache vorzulesen ist für mich eine geliebte Familientradition. Bisher hielten wir uns an die Übersetzung von Ruth und Hans Bietenhard. Weil ihr Berndeutsch für mich etwas altmodisch tönt, suchte ich eine modernere Übersetzung. Ich habe keine gefunden – darum der Versuch einer eigenen Übersetzung. Ich bin froh um Tipps und Änderungsvorschläge (Einfach die Kommentarfunktion dazu benutzen…)

Lukasevangelium 2.1–20

D Wiehnachtsgschicht

1 I dere Zyt het dr Kaiser Auguschtus es nöis Gsetz usegla, dass sich aui Lüt söue i amtleche Lischte la ytrage. 2 So öppis hets vorhär no nie ggä. Es isch denn passiert, wo dr Quirinius isch Regierigsstatthalter in Syrie gsi. 3 Aui sy sich i ihre Heimatort ga la yschrybe. 4 Drum isch o dr Josef ufbbroche. Er het zur Familie vom Chünig David[1] ghört. Wäge däm het er wyt müesse reise: vo Nazaret in Galiläa bis nach Bethlehem, er Stadt vom David in Judäa. 5 Dert het er sich la ytrage. Zäme mit dr Maria, synere Verlobte – u die isch schwanger gsi. 6 Chuum sy si aacho, isch d Geburt nache gsi. 7 Si het dert ihres erschte Ching gebore. Es isch e Sohn gsi. Sie het ne warm ypackt un ihm i me Fuettertrog für d Tier es Bett gmacht. I mene aaständige Gäschtezimmer[2] hets äbe ke Platz me für se gha. 8 Es het Hirte ir Nechi gha. Die si znacht dusse gsi u hei ihri Herde ghüetet. 9 Da isch en Ängu vom Herr zu ne cho. Dr Glanz vom Herr het um se glüüchtet. U si hei mega[3] Angscht gha! 10 Da het dr Ängu zu ne gredt: “Häbet ke Angscht. Loset, was ig öich z säge ha. Es isch e mega Fröid für aui Lüt! 11 Hüt isch öie Retter gebore. Hie ir Stadt vom David. Es isch Chrischtus[4], der Herr! 12 Ig giben öich es Erchennigszeiche, dass dir das Ching finget: Es ligt warm ypackt i me Fuettertrog.” 13 I däm Momänt erschyne bim Ängu Schare vo himmlische Soudate,[5] wo Gott lobe u rüefe: 14 “Ehr ghört Gott ir Höchi! Uf dr Ärde söu Fride si! U Gottes Säge[6] söu zu aune Mönsche cho!”[7] 15 Druuf si d Ängu wieder i Himu verschwunde. Da hei d Hirte enang gseit: “Chömet, mir gö uf Bethlehem ga luege, was passiert isch. Öb das stimmt, won üs der Herr zeigt het.” 16 Si sy schnäu ggange u hei die beide gfunge: d Maria u dr Josef. U by ne das Ching, wo i mene Fuettertrog ligt. 17 Wo si das gseh hei, hei sis sofort aune verzeut u ne erklärt, was sie über das Ching ghört hei. 18 U aui, wo das ghört hei, si ganz baff gsi über das, wo ne di Hirte verzeut hei. 19 D Maria het sich aues, wo isch gseit worde, guet gmerkt[8] u no lang drüber nacheddänkt. 20 D Hirte si de wider zrügg. Sie hei Gott globt u grüehmt für aues, was si ghört u gseh hei. Es isch genau so gsi, wies ne isch gseit worde.



[1] Dr David isch dr berüehmtischt Chünig ir Gschicht vo Israel. Gott het am David öppe tuusig Jahr vor dr Geburt vo Jesus es Verspräche ggä: Eine vo syne Nachkomme söu der Retter vor Wäut wärde!

[2] Das Wort, wo hie mit Gäschtezimmer übersetzt isch, meint äuä nid es Hotel. Für das gäbs angeri Usdrück. Es isch es guets Zimmer i mene gwöhnleche Huus. Dert het me d Gäscht la schlafe. Josef u Maria hei müesse im zentrale Wohnruum blybe. Dert isch aues binenang gsi: Füür, Chuchi, Wohnstube u sogar Tier mit ihrne Fuettertrög.

[3] Ds griechische Wort für „gross“ isch „mega“. Das Wort wird hüt im Bärndütsch im glyche Sinn bbruucht wie vor zwöituusig Jahr uf Griechisch.

[4] Chrischtus isch e Ehretitel, es heisst dr Gsalbtnig. Me het zum Bispiu Sieger vo Wettkämpf ygsalbet, für se bsundrig z verehre.

[5] Dr Text ungerscheidet zwüsche Ängle, Bote vo Gott, u himmlische Soudate. Offebar isch das nid ds Glyche.

[6] Das Wort, wo mit „Säge“ übersetzt isch, han i uf Bärndütsch nid gfunge. Es isch e Mischig vo Fröid, Gunscht, Wohlwolle, Zueneigig oder äbe Säge.

[7] Hie chönnt me o übersetze: U Fride uf Ärde für die Mönsche, wo ne Gottes Säge gilt.

[8] Das isch eine vo verschidene Hiwyse druuf, dass dr Lukas für sy Bricht d Maria pärsönlech bsuecht het (Lies: Lukas 1.1–4).

 

6 Replies to “Weihnachtsgeschichte auf Berndeutsch”

  1. wie gut das ich die Gute Nachricht auch auf Deutsch habe so kann ich nachvollziehen was gemeint ist ;) immer hin Lukas ist Lukas auch bei euch ;))

  2. Sehr schöne Übersetzung! Es stellt sich mir nun aber grad die Frage, ob „warm ipackt“ die Aussage „in Windeln gewickelt“ ganz trifft, da die Windeln ja doch auch ein Zeichen der Hilflosigkeit sind…
    Aber ansonsten hast du tatsächlich viele meiner exegetischen Erkenntnisse berücksichtigt! :-) Mal schauen, vielleicht werde ich den Text am Sonntag aus deiner Übersetzung vorlesen…

    PS: Wie überzeugt bist du bzgl. deiner 2. Anmerkung? Würdest du das so deutlich predigen?

  3. Ciao Mak,
    danke für den Kommentar!
    Spannend, dass du gerade das „Wickeln“ aufgreifst. Dieses Wort gab für mich den Anlass um eine neue Übersetzung zu versuchen. Bei Bietenhards heisst es „gfärschet“. Das drückt ihr Bemühen aus, alte berndeutsche Wörter mit ihrer Übersetzung am Leben zu erhalten. Wahrscheinlich ist es aber tatsächlich so, dass „gwickelt“ eben nicht original Berndeutsch ist sondern vom Deutschen übernommen. Mit dem „warm ipackt“ versuchte ich einen dritten Weg, der eigentlich gar nicht schlecht zum Urtext passt. Im Griechischen steht nämlich an dieser Stelle nur ein einzelnes Verb und kein Nomen dazu. So bin ich grammatisch gesehen mit „warm ipackt“ näher dran, als mit „in Windeln gewickelt“. Oder was meinst du?

    Zur Anmerkung zwei: In Lukas 10.34 (Barmherziger Samariter) steht zum Beispiel so ein Begriff, der eine bezahlte Unterkunft bezeichnet. Der unterscheidet sich vom Begriff, der hier gebraucht wird. Ob sich das aber so klar auseinanderhalten lässt ist wohl tatsächlich offen. Heute brauchen wir ja auch verschiedene Begriffe um ein Hotel zu bezeichnen.

    Für Sonntag wünsche ich dir viel Spass! Gerade das „MEGA“ ist bei den Zuhörern bisher immer sehr gut angekommen!

    Und falls du deine eigene Variante entwickelst: Bitte hier posten!
    Gruss

  4. Stimmt, im Grundtext haben wir nur ein Verb. Ich gebe zu, ich hab noch keine Wortstudie dazu gemacht, aber was ich bis jetzt in Erfahrung bringen konnte, ist, dass „einwindeln“ wohl die beste Übersetzung ist, da das dazugehörige Nomen am besten mit „Windel, Lumpen“ wiedergegeben wird.
    Ob deine Übersetzung wirklich grammatisch näher ist, darf wohl hinterfragt werden. Denn „ipackt“ mag ja noch gehen, aber woher nimmst du das „warm“? Immerhin ist davon auszugehen, dass die Temperaturen draussen nicht allzu kalt gewesen sein konnten.
    Wie auch immer – mir gefällt deine Übersetzung grundsätzlich sehr gut!

    Ich habe deine Ausführung zur Unterkunft so ähnlich auch bei Gerhard Maier gefunden. Da ich halt auch mit der Zeller Weihnacht aufgewachsen bin, sträubt sich noch etwas in mir gegen diese Auslegung. :-)

    Ja, das „mega“ hat mich auch fasziniert – zumal die Hirten mega Angst hatten, die Engel aber mega Freude weiterzugeben haben. Genial!

    Also: Frohe Weihnachten – und weiterhin viel Freude in deinem Dienst!

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